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Interview aus der Facebook-Gruppe

Interreligiöse Bildung

Wie wachsen Kinder von Anfang an ganz selbstverständlich in religiöser Vielfalt auf? Wie können pädagogische Fach- und Lehrkräfte Kindern religiöse Vielfalt nahebringen? Die Theologin Dr. Anke Edelbrock beantwortete in unserem Facebook-Expertenchat Fragen rund um das Thema interreligiöse Bildung.

Experten im Live-Chat

Die Theologin und Co-Autorin des Buches "Religiöse Vielfalt in der Kita", Dr. Anke Edelbrock, beantwortete in einem Live-Videochat die Fragen der Mitglieder unserer Facebook-Gruppe. Hier finden Sie einige ihrer Antworten zum Nachlesen, das gesamte Interview haben wir in unserer Facebook-Gruppe zur Verfügung gestellt.

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Was bedeutet interreligiös?

Portraitbild der Theologin Dr. Anke Edlebrock
Dr. Anke Edelbrock ist Theologin an der pädagogischen Hochschule Schwäbisch Gmünd

Anke Edelbrock: "Interreligiös, das bedeutet zunächst einmal zwischen den Religionen. Dass man lernt, aufeinander zuzugehen, nachzufragen und dass ein Dialog zwischen den Religionen stattfindet.

Es ist aber auch wichtig, dass innerhalb der Religionen miteinander gesprochen wird. Man spricht hier vom intrareligiösen Lernen. Wenn zum Beispiel ein geflüchtetes Kind mit christlichem Glauben nach Deutschland kommt, lernt es, dass es innerhalb des Christentums unterschiedliche Ausprägungen gibt. Letztlich wird Religion ganz unterschiedlich in Familien gelebt."

Sie waren an einer Studie beteiligt, in der es darum ging festzustellen, ob und wie interreligiöse Bildung in Kitas stattfindet. Zu welchen Ergebnissen sind Sie gekommen?

A. E.: "Die Studie war sehr breit angelegt. Wir haben Kinder befragt, Eltern und auch Erzieher. Zunächst einmal ein erstes wichtiges Ergebnis: Kinder leben in einer multikulturellen und multireligiösen Gesellschaft und haben daher auch Fragen zu dieser Lebenswelt. Wir haben festgestellt, dass Kinder ihre Lebenswelt mit den darin vorkommenden kulturellen und religiösen Zusammenhängen verstehen können. Schon Kindergartenkinder nehmen religiöse Unterschiede wahr und können damit umgehen - wenn sie Unterstützung bekommen.

Wenn sie aber alleine gelassen werden, ziehen Kinder ihre eigenen Schlüsse. Ein Beispiel: Ein Junge aus einer Berliner Kita hat bei der Kinderbefragung gesagt: 'In Berlin heißt Gott Jesus, in Arabien heißt Gott Allah und in Thailand Buddha.' Da sieht man, es ist noch schwer für 5-Jährige Nationalität und Religion auseinander zu halten, aber mit Unterstützung können sie sich erste Landkarten im Kopf erarbeiten."

Was brauchen Kinder, um sich diese Landkarten im Kopf zu erarbeiten?

A. E.: "Das sind vor allem Wissen, Erleben, Sprache und Haltung. Wissen können Kinder auch erleben, zum Beispiel wenn eine Kirche oder eine Moschee besucht wird. Wir haben ganz selten gehabt, dass eine enge Haltung bei den Kindern da war. Kinder sind offen. Da sehe ich eine ganz große Chance, sie religiös und kulturell pluralitätsfähig und dialogfähig werden zu lassen, was glaube ich ganz wichtig in unserer heutigen Gesellschaft ist."

Wieviel Aufmerksamkeit sollten Pädagoginnen und Pädagogen religiösen Festen widmen, wenn sie nicht in einer christlichen Einrichtung tätig sind?

Es geht um religiöse Bildung, nicht um Missionierung.

A. E.: "Unabhängig von der Trägerschaft der Einrichtung brauchen alle Kinder eine interreligiöse und intrareligiöse Bildung. Und ich rede auch bewusst von Bildung. Das ist in fast allen Orientierungsplänen verankert, es wird also auch eingefordert. Man kann natürlich Weihnachten auch als Geschenkefest erklären. Aber ich denke, wir bringen die Kinder da um einen religiösen Bildungsinhalt. Weihnachten hat auch etwas mit dem Kind zu tun, dessen Geburt gefeiert wird, dieses Kind, das Jesus heißt und das mit der Gründung des Christentums zu tun hat. Das ist für alle Kinder wichtig, ebenso wie es wichtig für alle Kinder ist, zu wissen, was der Ramadan ist oder wie die islamische Religion entstanden ist. Es geht aber auch darum, die Kinder sprachfähig zu machen, die keine Religion haben. Ein Kind kam zu mir und hat gesagt: 'Ich bin nichts.' Aber natürlich ist das Kind nicht 'nichts'. Es geht also um religiöse Bildung, darum Inhalte und Begegnungen zu ermöglichen – aber nicht um Missionierung. Es muss auch nicht jede religiöse Fachkraft eine religiöse Zugehörigkeit haben, aber eine religiöse Sensibilität."

Haben Sie Praxisideen zum Thema interreligiöse Bildung?

A. E.: "Es geht darum zu zeigen, dass alle Religionen gleich viel wertgeschätzt werden. Ein Anfang wäre zum Beispiel Gratulationskarten zu schreiben, zum Beispiel jetzt zum Anfang des Ramadans. Ich empfehle auch, in jede Einrichtung einen interkulturellen Kalender zu hängen, damit ich weiß, wann welches Fest ist. Wir hatten auch eine Einrichtung in Augsburg, die zwei Jahre lang alle religiösen Feste feierten. Sie stellten fest: '"Das sind aber ganz schön viele Feste!"' Aber sie haben auch festgestellt, dass es Feste gibt, die ähnliche Inhalte transportieren: Um das Thema Teilen geht es beispielsweise bei St. Martin, aber auch beim Ramadan."