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Tipps

Mit Gewaltfreier Kommunikation Konflikte reduzieren

Gewaltfreie Kommunikation ist kein Garant für eine gelungene Kommunikation. Doch der Ansatz bietet die Möglichkeit, Gespräche mit Kindern und Eltern zu vereinfachen und Missverständnissen vorzubeugen - auch interkulturell.

Eine Giraffe als Handpuppe
© iStockphoto.com/Sintez
In der Gewaltfreien Kommunikation gilt die Giraffe als friedliebendes Tier

Gewaltfreie Kommunikation für Kinder?

Der US-Psychologe und Mediator Marshall Rosenberg (1934 - 2015) entwickelte das Konzept der Gewaltfreien Kommunikation (GFK) in den 1960er Jahren. Er wollte damit Gemeinden und Schulen bei der Überwindung der Rassentrennung unterstützen. GFK geht davon aus, dass "sprachliche Gewalt" vor allem aus unbefriedigten Bedürfnissen entspringt.

"Auch wenn Kinder einen anderen kulturellen Hintergrund haben, kann gewaltfreie Kommunikation helfen. Weil sie besonders auf Beobachtung und Ausdrücken von Empfindungen setzt, ist sie gut geeignet um Bedürfnisse unabhängig von kulturellen Voraussetzungen und Codes zu kommunizieren", sagt Astrid Schütte, die als Trainerin für Gewaltfreie Kommunikation nach Marshall Rosenberg arbeitet.

Die Expertin

Wir danken Astrid Schütte, Trainerin für Gewaltfreie Kommunikation nach Marshall Rosenberg, für ihre fachliche Unterstützung bei der Erstellung dieses Artikels.

Giraffensprache und Wolfssprache

Die Giraffe ist ein friedliches Tier und hat ein großes Herz. Durch den langen Hals hat sie einen guten Überblick über die gesamte Landschaft oder Situation. Der Wolf ist ein Raubtier. Wenn er ängstlich oder wütend ist, versteckt er sich entweder in Höhlen oder knurrt und beißt. Dann greift er andere an.

Gemäß dieser Eigenschaften, die den Tieren zugeschrieben werden, spricht Rosenberg von Giraffensprache und Wolfssprache. Giraffe und Wolf symbolisieren zwei verschiedene Arten, miteinander zu kommunizieren: Der Wolf spricht in Du-Sätzen und äußert entweder Bestrafung oder Belohnung. Gern gibt der Wolf auch Befehle. Die Wolfssprache ist nach Rosenberg die "normale" Sprache, die wir meist sprechen, ohne groß darüber nachzudenken. Die Giraffe hingegen kommuniziert gewaltfrei, in Ich-Sätzen.

In vier Schritten gewaltfrei kommunizieren

Rosenberg erstellte vier Schritte, nach denen gewaltfrei kommuniziert werden kann. Dabei werden alle Schritte als "Ich-Botschaften" formuliert:

Wenn ich A sehe, dann fühle ich B,
weil ich C brauche.
Deshalb möchte ich jetzt gerne D.



Die vier Schritte

1. Beobachtung

Hier zählt erst einmal nur die Wahrnehmung. Es gilt, die Situation, Handlung oder das Geschehen so genau wie möglich zu beschreiben, ohne zu werten oder zu beurteilen – das ist gerade am Anfang gar nicht leicht. Der Wolf würde sagen: "Du machst Dich über mich lustig! Du bist gemein!" Hingegen die Giraffe: "Ich habe vorhin meine Idee vorgetragen und Du hast nur mit den Augen gerollt."

"Die Situation ist …"

"Dies oder das ist geschehen …"

"Du hast das gemacht …"

2. Gefühl

Im nächsten Schritt gilt es, die eignen Gefühle zu bestimmen und zu äußern. Die Giraffe bleibt bei der Beschreibung bei sich selbst und den eigenen Gefühlen: "Ich habe mich verunsichert gefühlt."

"Ich fühle mich …"

3. Bedürfnis

Im Anschluss ergründet die Giraffe, welches Bedürfnis hinter den eigenen Gefühlen steckt. Das könnte das Bedürfnis sein nach Respekt, Verständnis, Wärme, Raum, Autonomie, Sicherheit oder auch Anerkennung. Gefühle zeigen uns nach Rosenberg, dass irgendein Bedürfnis erfüllt worden ist oder aber zu kurz kommt. In unserem Beispiel könnte die Giraffe sagen: "Weil ich mit ein offenes, ehrliches Feedback wünsche."

"Mein Bedürfnis ist …"

"Ich wünsche mir …"

"Ich brauche …"

4. Bitte / Wunsch

Zu guter Letzt gilt es, einen möglichst konkreten und konstruktiven Wunsch für eine ähnliche Situation in der Zukunft zu formulieren. Am besten schlägt der oder die Sprechende hier eine alternative Handlung vor. Eine Bitte ist allerdings keine Forderung, und so muss auch ein "Nein" als Antwort akzeptiert werden. So könnte die Giraffe beispielsweise die Bitte äußern: "Könntest Du mich in Zukunft bitte ohne nonverbale Reaktion aussprechen lassen und dann Deine Gedanken äußern?"

"Kannst du bitte …"

"Bist du bereit, das zu tun?"

"Ich bitte dich …"

Die vier Schritte als Flussdiagramm in blauen Flächen
Die vier Schritte der GFK im Überblick

Tipps für die Umsetzung

Sowohl für Kinder als auch für Erwachsene kann es durchaus hilfreich sein, die einzelnen Schritte auf dem Boden aufzumalen und tatsächlich abzuschreiten. Das hilft, die Schritte gut zu trennen und auseinanderzuhalten und sich besser auf jede einzelne Stufe zu konzentrieren. Für Kinder kann eine Visualisierung mit Symbolen nützlich sein, zum Beispiel ein Auge, ein Herz, ein Bauch und eine offene Hand.

Aktives Zuhören

Die Gewaltfreie Kommunikation bezieht sich nicht nur auf das Sprechen, sondern auch auf das Hören. Mit "Wolfsohren" hören bedeutet, Aussagen von Anderen als Kritik, Urteile oder Wertungen aufzufassen. Mit "Giraffenohren" hören heißt, Kritik in etwas Konstruktives zu verwandeln und die Aufmerksamkeit auf die Gefühle und Bedürfnisse hinter dem Gesagten zu richten. Empathisches Zuhören im Sinne der Gewaltfreien Kommunikation setzt auf die Einfühlung in den Anderen und kann daraufhin auch Vermutungen anbieten zu Gefühlen und Bedürfnissen, die "herausgehört" wurden.

Außerdem kann man auch durch gezieltes Fragen Botschaften über Gefühle, Bedürfnisse oder Wünsche im Gespräch herausfinden. Die Schritte lassen sich somit auch einzeln erfragen. Zum Beispiel:

  1. Was ist denn genau passiert?
  2. Wie hast du dich dabei gefühlt?
  3. Welcher Wunsch wurde nicht gehört?
  4. Welchen konkreten Wunsch hast du?